Borsigwalde vs. Hermsdorf: Sportgerichts-Urteil soll Grundsatzcharakter haben
25. August. Nachdem nachweislich mindestens zehn F-Junioren des Jahrgangs 2013 mit ihren Trainern (genauer gesagt: Väter, die als Übungsleiter fungieren) vom SC Borsigwalde1910 zum VfB Hermsdorf gewechselt sind, gab es eine Sportgerichtsverhandlung. (Bisherige Berichtersttung findet Ihr hier) Diese verlief in einem sachlichen Rahmen, was auch daran gelegen haben dürfte, dass die Vertreter des SC Borsigwalde, Matthias Wolf und Jan Fiebig, gleich von Beginn an deutlich machten, dass es Ihnen trotz der Stillosigkeit des Abgangs nicht um eine Strafe für die Beschuldigten ging, sondern um ein Grundsatzurteil. Zitat Sportgericht: „Der SC Borsigwalde hat einleitend betont: Ihm liege nichts an einer Verurteilung des VfB Hermsdorf. Wichtig sei vielmehr, dass für die Zukunft klarere Handlungsrichtlinien für vergleichbare Fälle bestehen würden. Die Passage der Resolution in der Jugend Fußball AG reiche dafür offensichtlich nicht aus. Dort heißt es: „Sollte der Fall eintreten, dass erkennbar mehr Eintritte als allgemein üblich, zu verzeichnen sind, verpflichtet sich der aufnehmende Vereine eine restriktive Haltung einzunehmen und in jedem Fall eine einvernehmliche Lösung mit dem abgebenden Verein zu nehmen.“ (…) Das Sportgericht schätzte die Situation so ein, dass sich der VfB Hermsdorf nicht ausreichend an die Passage der Fußball AG gehalten hat.“
Es kam auch klar zum Ausdruck, dass Hermsdorf verpflichtet gewesen wäre, Borsigwalde über den Vorgang zu informieren.
Das Urteil lautete nun im Kern: Der aufnehmende Verein habe klare Vorgaben, die es einzuhalten gelte.
- Entweder wird der wechselwillige Trainer beim Erstgespräch mit dem neuen Verein eine schriftliche Bestätigung des Altvereins vorlegen, aus der hervorgeht, dass dieser über den Vorgang seines Wechsels informiert ist. Spätestens sobald der Wechsel beschlossene Sache ist, muss der aufnehmende Verein den abgebenden Verein innerhalb von drei Tagen schriftlich über diesen Vorgang informieren.
- Im Falle eines Trainerwechsels verpflichtet sich der aufnehmende Verein, höchstens fünf Spieler des abgebenden Vereins aus der Mannschaft des Trainers/Trainerteams aufzunehmen. Der wechselnde Trainer soll darauf hinwirken, dass er bei seinem alten Verein eine funktionierende Mannschaft zurücklässt. (…)
Das sei ein fairer Umgang. Sollte in Zukunft in gleichgelagerten Fällen nicht entsprechend dieser Vereinbarung gehandelt werden, müssten laut Sportgericht Vereine damit rechnen, dass Ihr Verhalten vom Sportgericht als unsportlich bewertet und entsprechend sanktioniert wird.
Soweit das Urteil. Wir wurden abschließend gefragt, ob wir Wert darauf legen würden, dass nun nicht alle der gewechselten Spieler weiter beim VfB Hermsdorf spielen dürften. Auch das haben wir verneint. Wir haben längst eine neue 1.F-Jugend aufgebaut.
Das Urteil – und auch unser Verhalten als betroffener Verein – wurde nun im Nachgang sehr begrüßt von führenden Köpfen des Berliner Jugendfußballs. Mirko Schubert, Präsidialmitglied Jugend des BFV, schrieb dazu: „Ich werde das Urteil und euren Fall zum Anlass nehmen, um das Thema Fair-Play zwischen Vereinen im Jugendbeirat und den AGen zu thematisieren. Hier werde ich die im Urteil enthaltenen Passagen vereinsneutral kommunizieren. Ziel wird es sein, innerhalb der AGen Vereinbarungen der Vereine untereinander in diesem Kontext zu erreichen. Fair-Play ist schließlich die Basis unserer gemeinsamen Jugendarbeit.“ Vom Sportgericht meldete sich Rasmus Jessen in Absprache mit dem Vorsitzenden Richter des Verfahrens, Kay Dieckmann. „Die Sportrichter des Sportgerichts Jugend sind sich einig, dass nach aktuell geltender Rechts- und Verfahrensordnung bei ähnlich gelagerten Fällen nach Prüfung des Einzelfalls der Tatbestand unsportliches Verhalten zu prüfen ist. In der Tat beschweren sich eine Vielzahl von Vereinen über ähnlich gelagertes Verhalten anderer Vereine.“ Auch die BFV-Geschäftsführung habe das Urteil zur Kenntnis genommen, so das Sportgericht. Es könnte also durchaus Grundsatzcharakter entfalten.
Deshalb hatte der SC Borsigwalde nach dem Urteil auch noch einmal schriftlich betont, dass uns daran gelegen ist, das Urteil (ohne Nennung der Vereinsnamen) öffentlich zu machen – um abschreckende Wirkung zu erzielen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Dies möglichst auf BFV-Plattformen. Es wäre schade, wenn das Urteil nun „verstauben“ würde. Denn wir denken, durch die Verhandlung durchaus einen gewaltigen Schritt weiter gekommen zu sein.
Auch die Hermsdorfer Verantwortlichen schilderten einen Gewissenskonflikt. Sie wollten zwar die trainierenden Väter (von denen einer noch betonte, er sei seit 15 Jahren Trainer, hat aber bis heute keine Lizenz), die sich kurzfristig angeboten hatten – aber die Kinder waren laut eigener Aussage eine nicht erwünschte Beigabe: „Wir konnten denen ja nicht sagen, dass wir sie nicht aufnehmen.“ Doch, befand hingegen das Sportgericht – das wäre konsequent gewesen im Sinne der Resolution. Und muss künftig auch so passieren.
Womöglich dürfte nun nach diesem Urteil allen Vereinen, die in diese Situation kommen, durchaus zupass kommen, wenn man solchen Wander-Trainern klar sagen kann: „Ja, Du bist willkommen…aber Du kannst nur fünf Kinder mitbringen, sonst machen wir uns strafbar.“ Das ist nun dank Sportgericht zweifelsfrei geklärt. (mw)