Der Aufstieg. Das Wunder. „Die größte Leistung im Berliner Jugendfußball in den letzten Jahren.“ A-Jugend-Verbandsliga – wir kommen!
10. Juni. Hans Oertwig rief Sonntagabend an. Er sprach „von der größten sportlichen Leistung im Berliner Jugendbereich in den letzten Jahren“, so der Berliner DFB-Trainer, „nicht, weil der SC Borsigwalde jetzt zum ersten Mal mit der A-Jugend in der Verbandsliga spielt, sondern aufgrund der Zusammensetzung der Mannschaft. Das ist eine richtige Sensation.“ Der renommierte Trainer hat es auf den Punkt gebracht. Ja, es ist ein Wahnsinn, dass wir mit einer halben B-Jugend in die höchste Berliner Spielklasse aufgestiegen sind. Seit Sonntag, 11.35 Uhr, ist es vollbracht. Das Fußball-Wunder von Borsigwalde 2.0 (nach dem Klassenerhalt genau dieser Jungs vor zwei Jahren in der B-Jugend).
Die letzte Etappe war nicht mehr schwer. Der CFC Hertha 06 wollte nur noch antreten, um sich nicht durch Streichung die Relegation zu verbauen, wo der Verein noch die Landesliga halten kann. Neun Mann stellten sich noch unseren hochmotivierten Kiezhelden – und die Treffer fielen fast im Minutentakt. Zur Pause ein 15:0, es half auch nichts, dass wir selbst nur noch aus- und nicht mehr einwechselten. Der Gegner gab zur Pause auf – und bei uns brachen die Dämme. All die Anspannung der letzten Wochen mit den vielen Endspielen gegen starke Gegner – sie fiel ab. Wasser- und (alkoholfreie) Bierduschen vor den Augen von rund 30 mitgereisten Borsigwalder Fans und Eltern.
Zeit zum Rückblick. Vor der Saison hab en wir uns verabschiedet – von einem Traum. Verbandsliga. Wir waren fest davon überzeugt, diesen als B-Jugend zu erreichen. Mancher war traurig, wir haben aber Verzicht geübt – für den Verein, der sonst keine A-Jugend hätte stellen können. Sechs Jungs nahmen wir aus der B mit. A-Jugend Landesliga – das lockte dann noch drei andere 2001er an. Die Hälfte des Kaders also: B-Junioren. Wer hätte denn ernsthaft gedacht, dass wir uns den Traum eine Altersklasse höher erfüllen? Die Vorbereitung: hart und holprig. Spieler kamen, Spieler gingen wieder. Es musste auch charakterlich passen – und das war leider nicht immer so. Noch im Winter haben ich einen neuen Spieler weggeschickt, der sportlich Klasse war – aber menschlich ein Arsch. Am Ende hatten wir noch 17 Jungs, die füreinander durchs Feuer gingen. Eine geile Truppe. Hungrig auf Erfolg, die meisten immer beim Training, mancher spielet wochenlang angeschlagen, beendete die Saison unter Schmerzen. Es war nicht immer leicht. Wenn ich nur daran denke, wie uns Hilalspor mit brutaler Gewalt aus dem Rennen nehmen wollte, wie uns Dynamo schon im Herbst Spieler abzocken wollte. Es hat uns noch enger zusammengeschweißt. Und ja, wenn Hans Oertwig jetzt sagt, „manch anderer kotzt ab, lieber Herr Wolf, weil ausgerechnet Borsigwalde aufsteigt“ – dann trifft er auch hier den Nagel auf den Kopf. Mancher in unserer Staffel muss sich fragen, warum er mit deutliche besseren Möglichkeiten nicht besser war als der vermeintliche Dorfklub Borsigwalde, der aber mittlerweile sehr, sehr gute Strukturen im Jugendbereich hat. Es macht uns noch mehr stolz, dass uns keiner etwas zugetraut hat. Schön, wie ein Spieler von Hertha 06 angesichts unserer Jubelszenen noch sagte: „Eigentlich wollte ja wir aufsteigen.“ Ja, und Borsigwalde wollte eigentlich nur drinbleiben – bis wir gespürt haben, welche Kraft Teamgeist und Kameradschaft geben können. Bei uns gibt es keine Siegprämien, wie mittlerweile bei der A-Jugend längst üblich. Nein, bei uns gibt es dafür andere Akzente. Denkt an unsere lustige Italien-Turnierreise – und die Abschlussreise zu Bayer Leverkusen. Es hat die Jungs zu einer Gemeinschaft geformt. Es sind nicht elf Freunde, aber sie haben sich alle respektiert – und sie hatten ein Ziel. Gemeinsam mit ihren ebenso hart arbeitenden Trainern. Danke an 18 (bzw.19) wirklich ganz tolle Jungs, auf die wir Trainer verdammt stolz sind. Danke an unsere sensationellen Eltern. Leute, Ihr seid die Größten. Ihr habt uns Trainern und Euren Jungs so viel Kraft gegeben. Ihr ward stärker als der ewig zweifelnde Trainer! Ich kann mich noch erinnern, als das Verletztenlager immer größer wurde (ebenso wie meine Sorgenfalten), die schwierigen Spiele anstanden – und ein Vater gesagt hat: „Vertraut Euren Kindern, sie werden es schon machen.“ Eine Kabine voller Obst, Süßigkeiten, Essen, Anfeuerung, Aufmunterung – Ihr Eltern seid mit aufgestiegen, das möchte ich hier noch einmal ganz deutlich betonen!
Ja, wir gehen jetzt in einer Liga, die höchste Berlins, in der wir künftig öfter verlieren als gewinnen werden. Ich bin sicher, wir alle wollen damit klarkommen. Der Cottbuser Fußballtrainer Eduard Geyer hat mal gesagt: „Die Bundesliga wollte nicht zu mir kommen – also bin ich in die Bundesliga gegangen.“ So ist das auch bei uns: Wir sind nicht IRGENDWO hin gewechselt, WIR haben uns die Verbandsliga erkämpft. Mit dem Verein, für den wir spielen. Mit jeder Faser unseres Körpers. Blut, Schweiß und Tränen. Das sollte uns stolz machen. Und jetzt lasst uns nächsten Samstag noch feiern. Der Gegner vor der Feier, eigentlich unwichtig, aber: passenderweise eine Mannschaft, die uns auch nichts zugetraut hat. Die aber jetzt zum MEISTER kommen muss. Einfach nur schön.